Ein Einschnitt in unserem Alltagsleben war die Währungsreform. Am 20. Juni 1948 wurde sie in den Westzonen und drei Tage später (am 23. Juni) in der Ostzone mit fast gleichen Bedingen durchgeführt. Sparbücher und Versicherungspolicen wertete man 1:10 ab. Jede Person bekam ein "Kopfgeld". Die Reichsmark wurde von der Deutschen Mark abgelöst. Bei uns in der Ostzone, wie die sowjetisch besetzten Gebiete jetzt in der Umgangssprache genannt wurden, hat man auf die alten Reichsmarkscheine einen Coupon geklebt und das bedeutete, dass das alte Geld abgewertet war. Neugedrucktes Scheine gab es bei uns später. An dem Angebot oder besser gesagt an dem Mangel an alltäglich benötigten Sachen, änderte sich alledings dadurch bei uns nichts. Anders in den Westzonen. Dort waren schlagartig die Schaufenster voll von Waren aller Art, die man lange Zeit nicht mehr gesehen hatte. Das war der erste Schritt der Abgrenzung gegeneinander und der Anfang des kalten Krieges. Das ehemalige Deutschland hatte ab Juni 1948 verschiedene Währungen. In unserem kleinen Dorf änderte sich aber dadurch nicht viel. Nur der Drang nach Neustadt, also nach Bayern zu fahren, war noch stärker geworden. Plötzlich konnte man in der kleinen Stadt alles kaufen,von Kleidung über Schuhe bis zu Elektroartikeln war alles zu haben. Für 10 Pfennig Hefe musste ich jetzt 1,- DM bezahlen, denn bei uns gab es noch immer nicht die kleinsten notwendigen Artikel zu kaufen. Das war auch die Zeit, in der viele Familien in die Westzonen wollten. Sie sahen für sich und ihre Kinder in der sowjetischen Zone keine Zukunft mehr. Auch das sehr gute Angebot an Lebensmitteln an Südfrüchten und an Schokoladenerzeugnissen lockten viele Menschen an. Das "über die Grenze gehen" war für viele Menschen überlebenswichtig. Ich denke da an die kleinen Städte im Thüringer Wald, für sie war der Warenaustausch mit der Westzone unentbehrlich. Sie waren schon immer Notstandsgebiet und jetzt in der Nachkriegszeit litten sie Hunger. Ohne die Heringsfässer und den Speck, den sie aus Neustadt holten, hätten viele nicht überlebt. Ganze Wagenladungen von Heringsfässern wurden von West nach Ost gebracht. Dass sie Grenzgänger waren und die Gesetze verletzten, war den Menschen nicht wichtig. Wichtig war viel mehr, den nächsten Winter zu überleben, Kartoffeln im Keller zu haben und möglichst Heringe dazu. Das war das Nächstliegende. Angesichts seiner Lage war Heubisch der Ort, von dem man schnell in die grenznächste Stadt in Bayern kam. Es setzte ein reger Warenaustausch zwischen Thüringen und Bayern ein. Natürlich konnte er nicht offiziell stattfinden, sondern er wurde bei Dunkelheit getätigt. Die Gasthäuser in den Dörfern waren jetzt häufig von solchen Gästen besetzt, die nur auf dem Abend warteten, um nach Bayern zu kommen. Alle Gastwirte hatten eine Meldepflicht zu erfüllen. Jede fremde Person, die in der Gastwirtschaft erschien, musste dem zuständigen Polizisten, der für das Dorf da war, gemeldet werden. So war das Gesetz. Kein Gastwirt hielt sich an diese Anordnung. Ein Grund dafür war, dass man seine Landsleute nicht der Staatsmacht ausliefern wollte. Ein anderer war, dass es oft die einzigen Gäste waren, die etwas Umsatz brachten. Durch die Grenzziehungen waren die Gemeinden völlig isoliert von den Natürlich gewachsenen Beziehungen, die es früher zu den Städten und Gemeinden gab.
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