Mittlerweile war es tiefer Herbst geworden . Die Nachbarn in der Barackensiedlung machten ihre Unterkünfte winterfest. Nachts wurde vor dem Fenster eine Art Laden eingehängt, er sollte die Kälte abhalten. Es wurden Holz und Kohlen gestapelt. Hinter der Eingangstür brachten wir einen Windfang aus einer alten Decke an. Teppiche gegen kalte Füße hatten wir nicht. Spätestens um 21 Uhr gingen wir mit einer Wärmflasche ins Bett. Die Fenster und die eine Tür haben wir, so gut es ging, mit ungesponnener Schafwolle abgedichtet. Geöffnet wurden die Fenster den ganzen Winter über nicht. Gelüftet wurde durch die Tür. Trotzdem musste man ständig den eiseren Herd mit Holz und Kohle bestücken. War das Feuer aus, war es sehr kalt. Mit Wehmut dachten wir an unseren Sägespäneofen zu Hause in der Gaststube. Zu den Aufgaben meiner Mutter gehörte es, jeden Dienstagnachmittag auf das Wohnungsamt zu gehen und um eine bessere Wohnung zu bitten. Immer kam sie gedrückt wieder nach Hause, es gab für uns keine Wohnung. Trotzdem immernoch viele Familien die DDR über Berlin verließen, herrschte Wohnungsnot. Gebaut wurde 1952 so gut wie gar nichts, sodass nur der alte Bestand an Wohnungen verwaltet undd verteilt werden konnte. Den ersten Winter in unserem "Behelfsheim" haben wir überstanden, alle hofften, dass es auch der letzte sein möge. Mein Vater musste schon sehr früh zu seiner Arbeit auf dem Schlachthof. Er fuhr täglich 5.30 Uhr mit der Straßenbahn nach Jena und kam erst am späten Nachmittag nach Hause.
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