Wenn es stimmt, wollen nun die Geschassten zu rumänischen Lohnbedingungen arbeiten. Ist das nicht töricht — bei den deutschen Lebenskosten? Ist es nicht plietscher, wenn die deutschen Arbeiter und Innen in die Karpaten ziehen? Dann paart sich deutsche Gründlichkeit, Fleiß und Ordnungssinn mit transylvanischer Nonchalance?
Im Prinzip lässt sich die Geo-Synchronisierung auch mit kleinen Videofilmen realisieren. Da bewegt sich jemand durchs Gelände und parallel dazu wandert ein Marker durch das Luftbild.
Im Falle der Videogeovertaggung kann man offenbar nur den Ortsmarken Zeitinfos zuordnen. Dann würde sich beim Abspielen des Films ein kleiner Marker bewegen. OK, morgen ist auch noch ein trüber Tag für den ?????? und seiner protestantischen Leistungsethik …
Unterstützend ist dabei sicher auch das architektonische Umfeld. Es gibt so Büros, das gruselt es schon beim flüchtigen Vorbeischauen. Nebige Bilderserie aus einem Bürohaus im Westen von Hamburg soll einmal ein sehr positives Beispiel zeigen. Dort macht selbst das Gadgets-Programmieren Spaß. Fast könnte man annehmen, der Raum wäre professionell von einer Schamanin fengschuisiert.
Klar, es gibt Arbeitsräume, in denen pro Nase zwei Bildschirme arbeiten, aber dort wird auch konsequent und diszipliniert auf die Tastatur gehackt. Da gibt es Hauptmannschen Sinne kein Aufblicken von der Arbeit der Weber.
Was haben nun über hundert Jahre deutsche Sozialgeschichte gebracht? Wir sitzen nicht mehr vor oder hinter einem Webstuhl, sondern vor Bildschirmen mit 3200 Pixeln Auflösung und baut Dinge, die unanfassbar sind.
Von Hauptmanns „Die Weber“ ober Siegfried Kracauers „Die Angestellten“ sind wir nun im Zeitalter der scheinbaren Handyflatrates und der robusten Mandate für unsere deutschen Soldaten im Hindukusch angekommen. Die Computer durchdringen unser ganzes Leben und machen Kontrollen möglich, die schlichtweg früher undenkbar waren. Da es geht, wird es gemacht.
Und doch — es gibt manchmal auch im besten Sinne auch Lichtblicke: die Versüßung des Arbeitslebens kann viele Formen annehmen. Da gibt es gratis heiße und kalte Getränke, selbst eine Knabberbox mit Schokoriegeln will einen vom tugendhaften Wege abbringen und verführen. Sind die Grundstückspreise moderat, dann kann der größere Teil der Gebäudefläche „ungenutzt“ bleiben. Sein Nutzen ist eben dann nur eine Form der Versüßung für die Angestellten und Repräsentation für Gäste und potentielle Kunden. Wie bemerkte schon der Verlegenheitsliteraturnobelpreisträger Rabindranath Tagore in den Zwanzigern: sich den Luxus freier Flächen zu genehmigen ist eine hohe Kunst und zeigt wahre Größe. Es ist schon so. Ein Händler wird in seinem Lagerhaus keine Quadratmeter freilassen. In seiner Privatwohnung wird es sich den Luxus vielleicht leisten. Das kommt ein wenig darauf an, wie sich innerlich kalibriert hat.