
Eine Hamburger Wohnungsverwaltungsgesellschaft beauftragt ihren zuständigen IT-Partner mit einer neuen, funktionalen Webseite. Diese Firma ist microsoftzertifiziert, hat graue Auslegeware und sitzt in einem schlichten Funktionsbau am Rande der Innenstadt. Sie beauftragt eine hippe Agentur am Hafen mit Kickerspieldings, Hafenblick und Knabberbox. In der Agentur kann man sehr gut Tischfußball spielen und geile Flashintros bauen, nix mit datenbankbasierten Kram und so landet der Auftrag bei dem Freelancer, der (wie oben zu sehen) keinen Elbblick hat, sondern selber auf der Elbe arbeitet. Der erledigt den Job und das Geschehen liegt nun drei Jahre zurück.
Jetzt fällt dem Auftraggeber ein, dass es ihm nimmer schmeckt und dass Hand angelegt werden muss. Der Leser dieser Zeilen ahnt es vielleicht schon: die Kette läuft wieder zurück. Warum? Weil der Auftraggeber seine Neuwünsche intern als Feinabgleich betrachtet und selbstverständlich die Aufwendungen als Kulanzleistung sieht. Die IT-Firma verdreht die Augen, ruft im Hafen an. Dort wiederum greift die junge Dame zum Hörer und weckt unsereins aus dem Mittagsschlaf mit dem sinnfreien Anliegen: „Das ist doch Dein Ding, da musst Du ran … Du hast doch das Passwort … und so weiter und so fort“. Unnötig zu erwähnen, dass Passwörter generell nur im Kurzzeitgedächtnis gelagert werden.

Wer kann schon von sich sagen, er arbeite auf der Elbe und ist dennoch kein Kapitän? Der Kapitän hat es heute besonders einfach: er sieht seine Fahrrinne im Eise. In 14 Minuten ist Hochwasser – das läst sich wunderbar in der neuen App ablesen, ist das nicht auch ein nötiges Feature für einen Hamburger Blog? Mal sehen.

Tidenberechnung gehört übrigens auch zu den nichttrivialen Problemen dieser Welt. In der App nutze ich XTide, das in Abhängigkeit der GPS-Daten die Zeiten und Tiden bestimmt. Leider weiß das Programm nichts vom Wind und von Tsunamies. Es zeigt also nur den normalen Wahnsinn an. Echtzeitdaten bietet das Wasseramt. Obwohl die mit unseren Steuern arbeiten, kostet die Daten Geld. Hm.

Der (voll-)automatische Fährenplan klappt schon recht gut. Die Kunst besteht wohl darin, mit möglichst wenig redundanten Daten und noch weniger Logik die Vielfältigkeit solch eines Fahrplanes abzubilden.

Überhaupt ist die 62-Fähre ein perfekter Arbeitsplatz: es ist warm, atomstromfreier Strom ist reichlich vorhanden, Funknetz ist auf der Elbe immer perfekt und langweilig wird es auch nicht.
Nachdem nun die HochbahnTV-App im Store ist, wird es Zeit nach neuen Herausforderungen sich umzutun. Als fast täglicher Nutzer der Hamburger Hafenfähren ist klar, was es ist. Spannend ist selbstredend die Echtzeitanzeige des Fahrplanes. Nach einiger Überlegung ist das übliche Datenbankdenken unangebracht. Das würde sich allzusehr auffasern. Die Fähren fahren teilweise verkürzt oder fahren nachts Sondertouren. So fährt der „Lumpensammler“ nachts als letzte Tour von Finkenwerder über Teufelsbrück zurück zu den Landungsbrücken.

