Der Heubischer Viktor
Tagebuch des Landwirts, Metzgers und Schankwirts Viktor Walther aus Heubisch 
Einleitung

Die Jahre
1.März 1916
2.April 1916
3.Ostern 1916
4.Mai 1916
5.Juni 1916
6.Sommer 1916
7.Herbst 1916 / Das zweite Kriegsjahr
8.Weihnachten 1916
9.Winter 1917
10.Ostern 1917
11.Frühjahr 1917
12.Sommer 1917
13.Herbst 1917
14.Weihnachten 1917
15.Winter 1918
16.Frühjahr 1918
17.Sommer 1918
18.Herbst 1918
19.Weihnachten 1918
20.Winter 1919
21.Frühjahr 1919
22.Sommer 1919
23.Herbst 1919
24.Winter 1920
25.Frühjahr 1920
26.Sommer 1920
27.Herbst 1920
28.Winter 1921
29.Frühling 1921
30.Sommer 1921
31.Herbst 1921
32.Winter 1922
33.Sommer 1922
34.Herbst 1922
35.Winter 1923
36.Frühling 1923
37.Sommer 1923
38.Herbst 1923
39.Das Jahr 1924
40.Das Jahr 1925
41.Das Jahr 1926
42.Das Jahr 1927
43.Das Jahr 1928
44.Das Jahr 1929
45.Das Jahr 1930
46.Das Jahr 1931
47.Das Jahr 1932
48.Nachruf
Das Ende
Die Fortsetzung

Bilder
  Postkarte(120kByte)
  Tafel am Haus
  Torfstechen
  Urkunde
  Umgebungsplan

URL2Doc Diese Seite
für den PalmPilot

  
weiter...

Sonntag, d. 24. 12., 16 

Weihnachtsheiligabend:
Stürmische kalte Witterung. Seit gestern ohne Bier. Stahn gab uns Nachricht, daß er auf die Feiertage kein Bier sendet. Was der Krieg doch nicht alles mit sich bringt, also die Feiertage über ganz ohne Bier. Wir glaubten, Schilling und Knauer könnten uns aushelfen. Haben aber selber keines. Werden ruhige, sehr langweilige Feiertage werden, mit was die Zeit vertreiben? Schreiben? Es wird einem ganz verleidet. Kirche gehen? Zu was, warum?

Dieser schreckliche Krieg, dieses scheußliche Morden hat doch jegliches Gefühl von Religion bei einem vernünftig denkenden Menschen vertilgt.

Wie machtlos, wie schwach ist doch die Kirche mit all ihren schönen Worten und Lehren - wie "Liebe deine Feinde wie dich selbst", "Friede auf Erden", "Eine Herde und ein Hirte" u.s.w.- diesem scheußlichen Morden gegenüber.

Der Christenheit Oberster, der Papst, was kann er dagegen machen? Nichts, aber auch garnichts. Ruhig schreiten die Großen dieser Erde, die Anstifter dieses blutigen Krieges, mit kaltlächelnder Miene über die Leichen. Schmach und Schande über dieses heuchlerische Christentum.

I. Weihnachtsfeiertag 1916 

Heute etwas gefroren, auf Mittag zu Schneetreiben. Sonst recht ruhig. Ein paar Fäßchen Bier von Linder, Harras, bekommen. - Zum dritten Mal begehen wir das Weihnachtsfest, das hohe Fest der Menschenliebe, inmitten wilden Völkermordens, und wieder wird die Versicherung der deutschen Friedensbereitchaft von unseren Feinden zurückgewiesen mit der allen menschlichen Empfindungen hohnsprechenden brutalen Antwort: Krieg bis zum äußersten. Kann es da wundernehmen, wenn die Weihnachtsbotschaft, nicht allein von denen, die um einen teueren Toten trauern, sondern überall in den Herzen wie eine grausame Ironie auf das grauenvolle Kriegswüten in der Gegenwart empfunden wird. Zum Weihnachtsfest hat auch Präsident Wilson die Welt mit einer Friedensnote beglückt, was von den deutschen Zeitungen allgemein mit Genugtuung begrüßt wird, hingegen die englischen Zeitungen heftig dagegen protestieren.-

Die feiertägige Ruhe bringt die Gedanken mehr als sonst zu den Lieben draußen vor den Feinden oder in feindlichen Ländern, besonders Alfred. Wie wird er im fernen Zentralrußland sein Weihnachten feiern?

   weiter...