Der Heubischer Viktor
Tagebuch des Landwirts, Metzgers und Schankwirts Viktor Walther aus Heubisch 
Einleitung

Die Jahre
1.März 1916
2.April 1916
3.Ostern 1916
4.Mai 1916
5.Juni 1916
6.Sommer 1916
7.Herbst 1916 / Das zweite Kriegsjahr
8.Weihnachten 1916
9.Winter 1917
10.Ostern 1917
11.Frühjahr 1917
12.Sommer 1917
13.Herbst 1917
14.Weihnachten 1917
15.Winter 1918
16.Frühjahr 1918
17.Sommer 1918
18.Herbst 1918
19.Weihnachten 1918
20.Winter 1919
21.Frühjahr 1919
22.Sommer 1919
23.Herbst 1919
24.Winter 1920
25.Frühjahr 1920
26.Sommer 1920
27.Herbst 1920
28.Winter 1921
29.Frühling 1921
30.Sommer 1921
31.Herbst 1921
32.Winter 1922
33.Sommer 1922
34.Herbst 1922
35.Winter 1923
36.Frühling 1923
37.Sommer 1923
38.Herbst 1923
39.Das Jahr 1924
40.Das Jahr 1925
41.Das Jahr 1926
42.Das Jahr 1927
43.Das Jahr 1928
44.Das Jahr 1929
45.Das Jahr 1930
46.Das Jahr 1931
47.Das Jahr 1932
48.Nachruf
Das Ende
Die Fortsetzung

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Sonntag, d. 24. 6. 17 

Die Woche über wieder heiße Tage, am Mittwoch war wohl der heißeste Tag, 29 Grad wurden registriert, war zuviel für Mensch und Vieh. Am Freitag auf den Morgen zu etwas Regen. Endlich einmal, aber zu wenig wars. Überall machen sich die Leute an das Pflanzen, worauf schon lange gewartet wurde. Gestern das letzte Heu, Schulwiese, nach Hause. Wohl auch ein Seltenheit, am 23. Juni schon eingeheut.

Die Kämpfe im Westen nehmen ihren Fortgang, sonst keine Veränderungen. Lehrer Kern war 14 Tage in Urlaub, Donnerstag machte er, aber recht ungern, wieder weg. Rudi Motschmann und Heinz Leikert auf Urlaub Am Montag kamen die drei Kirchenglocken von Mupperg runter. Auf den Abend zu wurden dieselben reich bekränzt hier vorbeigefahren. Salzmann in Sonneberg besorgte das! Nun geht es wohl bald aufs Ende zu ! Wird wohl noch nicht passiert sein, solange die Christenheit besteht, daß die Kirchenglocken zum Kriegführen Verwendung finden und um Tausende und Hunderttausende blühender Menschenleben zu vernichten. Ironie des Schicksals. Die bestehende sogenannte göttliche Weltordnung wird so langsam umgekrempelt werden. Der Anfang ist gemacht. Adolf ist an der Westfront, wo, wissen wir nicht.

Die Witterung heute recht kalt und unfreundlich mit Schneegestöber. Gestern Abend ein Schneegewitter. Heute wird die Frau von Gustav Igler begraben Sie erlag einem Schlaganfall und folgte ihrer Tochter Anna recht bald nach. Die militärische Lage im großen und ganzen unverändert, nur an der Somme haben wir große Gebiete geräumt.

Die russische Revolution läßt noch keinen klaren Blick in ihr innerstes Wesen tun, was da herauskommt, lehrt die Zukunft. Auf alle Fälle ist das Zarentum abgetan. Im deutschen Reichstag wurden die großen neuen Steuervorlagen genehmigt. Mit der 6. Kriegsanleihe wird große Reklame gemacht, 15 Milliarden sind eben nicht so leicht aufzubringen. Die Sonneberger Zeitung brachte gestern einen Aufruf zur Kriegsanleihe, betitelt: "Der Krieg ist eine heilige Sache". Die Menschheit fängt wirklich an, mehr als nervös zu werden. Ist das Überspanntheit oder Angst? Ich meine, alles beide.-

Sonntag, d. 1. Juli 1917 

Die Woche wieder das alte Lied betreffs der Witterung, trockene heiße Tage. Ab und zu Gewitterbildung, aber ohne Niederschläge bei uns. Es ist alles ausgedorrt Das Grünfutter fängt an zu fehlen. Hafer ist schlecht, an manchen Stellen sehr schlecht. Die Gerste geht noch so halbwegs an, was bei dieser trockenen heißen Witterung noch zu bewundern ist. Nach den Zeitungsberichten ist die militärische Lage unverändert. Vorndran aus Steinach ließ sich bei Bulle einen Anzug fertigen und gab Stoff und sämtliches Futter dazu. Er mußte für Macherlohn, Knöpfe, Zwirn und etwas Steifleinen 70 Mark bezahlen. An Bulle kleinen Schinken verkauft für 33 Mark. Vorher zusammen 140 M, sind also 173 Mark für Schinken. Krautwurst ist auf Urlaub. Heute Umlagen II., Quartal eingenommen.

Mittwoch, d. 25. 7. 17 

Noch ein Bild aus unserer Zeit:
Nicol Roschlau war gestern mit seinem Bruder zum Begräbnis. Letzterer hatte von seinem Acker etwas Frühkartoffel mitgenommen zu seinem Gebrauch, einem Bauern ist das streng verboten, er wurde deshalb angezeigt und um der Strafe zu entgehen, hängte er sich auf, machte also seinem Leben ein jähes Ende. Ein Bild des Hungers.

Sonntag, d. 29. 7. 17 

Politische und militärische Lage: Die inneren politischen Wirren zeitigen das Ergebnis, daß der Reichskanzler Bethmann-Hollweg gehen mußte und sein Nachfolger Dr. Michaelis, früher Staatssekretär, wurde. Weitere Ministersessel sind in Aussicht. Aber vor der Hand ist es mit der Parlamentarischen Regierung noch recht neu.

Im Osten: Galizien hatten wir erst eine Niederlage zu verzeichnen, das Blatt wendet sich aber und unsere Truppen drangen siegreich vor, machten viel Gefangene und erbeuteten viele Geschütze, Munition und Proviant. Die Russische Armee scheint kriegsmüde zu sein, nun, wie die anderen auch.

Freitag, d. 3. 8. 17 

Drei Jahre Weltkrieg haben wir nun hinter uns. Was liegt alles in diesem Worte? Das Defizit ist: 50 Millionen Menschen sind jung ermordet. 1500 Millionen sind am Weltkriege beteiligt. Wieviele müssen noch bluten, ehe dieses Morden ein Ende findet? Und wann kommt das Ende, fragt man sich nach diesen schrecklichen Jahren? Am Mittwoch haben wir 7 Ztr. Frühkartoffeln nach Sonneberg geliefert à Ztr.

10 Mark. Heute haben 18 Ztr. Korn gedroschen und gleich zum Gumpert geliefert, à Ztr. 16,75 M. Infolge der so lang anhaltenden Dürre sind die Frühkartoffeln mißraten, wo sich die Menschheit schon lange darauf gefreut hat und nun diese Enttäuschung. Die Leute dauern einen, wenn sie haufenweise kommen und bitten nur um ein paar Pfund Kartoffeln. Manche haben das ganze Dorf durchgemacht und nichts erhalten und sagen, schon drei Wochen hätten sie keine bekommen.

Wie ist die militärische Lage?
In Flandern heiße Kämpfe, die Engländer gewinnen Schritt für Schritt Gelände.

Sonntag, d. 19. 8. 17 

Heute ein heißer Tag, gestern war es auch schön, infolgedessen wir unseren letzten Hafer so annähernd schön nach Hause brachten. Adolf schreibt heute, daß er ins Gefecht kommt. Die Friedensnote des Papstes hat nun alle Regierenden der kriegsführenden Staaten erreicht. Wird's wohl einen baldigen Frieden bringen? Hoffen wollen wir's, aber bezweifeln tue ich es trotzdem, ich glaube sogar, es geht den Herren oben gegen den Strich, das riesige Geldverdienen geht doch so schön. Amerika will doch auch noch sein Schäfchen scheren.

Sonntag, d. 2. Sept. 17 

Heute wieder Regen, die ganze Woche Regen und noch kein Grummet nach Hause gebracht. Was die Trockenheit des Sommers geschädigt hat, schädigt die jetzige Nässe doppelt an Kartoffeln und Grummet. An allen Fronten harte Kämpfe. Auf die päpstliche Friedensnote lautet die amerikanische Antwort ablehnend und ladet alle Schuld auf die Mittelmächte und gibt an:

"Das Ziel dieses Krieges ist, die freien Völker dieser Erde von der Bedrohung einer gewaltigen Miltärmacht zu befreien, die durch eine unverantwortliche Regierung geleitet wird, die im Geheimen die Weltherrschaft plante, die an die Durchführung dieses Planes ging, ohne Rücksicht auf heilige Vertragsverpflichtungen, die geeignete Zeit für den Krieg wählte und den Plan grausam und plötzlich durchführte"
( Nr. 205 des Cob. Tageblattes 1917)
In der heutigen Zeitung steht:"In Oberschlesien verkaufte ein Bauer einen Schinken 20 Pfd. schwer für 1000 Mark."

Sonntag, d. 8. Sept. 17 

Die Witterung war die Woche über schön, so daß wir gestern das letzte Grummet heimbrachten, Schulwiese kaum 3 Schicht und das Teichwieschen 4 Schicht. Im ganzen 7 Füderchen, wirklich recht wenig. In den unteren Wiesen hat es doppelt und mehr gegeben. Auch hatten wir gestern Morgen das letzte Kleefeld, das kleine Gewend am Buschstäudig geackert.

Militärische Lage:
Im Westen heiße Kämpfe. An der Ostfront weniger. Im Norden hingegen ging unsere Heeresleitung zur Offensive über und besetzte Riga, es ging auch darüber hinaus. Die Zeichnung der 7. Kriegsanleihe liegt auf, das ist die Erklärung dieser Offensive, weiter hat es doch keinen Sinn, auch wenn wir Petersburg besetzt hätten, wär's dasselbe.

Donnerstag 

Kriegsanleihe gezeichnet. 2000 Mark bei Kreiskasse Sonneberg. Die paar Tage Fellig geackert.

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