Der Heubischer Viktor
Tagebuch des Landwirts, Metzgers und Schankwirts Viktor Walther aus Heubisch 
Einleitung

Die Jahre
1.März 1916
2.April 1916
3.Ostern 1916
4.Mai 1916
5.Juni 1916
6.Sommer 1916
7.Herbst 1916 / Das zweite Kriegsjahr
8.Weihnachten 1916
9.Winter 1917
10.Ostern 1917
11.Frühjahr 1917
12.Sommer 1917
13.Herbst 1917
14.Weihnachten 1917
15.Winter 1918
16.Frühjahr 1918
17.Sommer 1918
18.Herbst 1918
19.Weihnachten 1918
20.Winter 1919
21.Frühjahr 1919
22.Sommer 1919
23.Herbst 1919
24.Winter 1920
25.Frühjahr 1920
26.Sommer 1920
27.Herbst 1920
28.Winter 1921
29.Frühling 1921
30.Sommer 1921
31.Herbst 1921
32.Winter 1922
33.Sommer 1922
34.Herbst 1922
35.Winter 1923
36.Frühling 1923
37.Sommer 1923
38.Herbst 1923
39.Das Jahr 1924
40.Das Jahr 1925
41.Das Jahr 1926
42.Das Jahr 1927
43.Das Jahr 1928
44.Das Jahr 1929
45.Das Jahr 1930
46.Das Jahr 1931
47.Das Jahr 1932
48.Nachruf
Das Ende
Die Fortsetzung

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Neujahr 1926 

Ein mächtiges Hochwasser. So groß wie 1890. Die Wassermassen waren noch mehr. Die Passage im Dorf und hauptsächlich nach Neustadt zu war unterbunden. Heute Morgen ist der Wasserstand 40 cm zurückgegangen. Schäden wirds überall geben.
Der Ball war nicht zum Besten besucht,. Unsere Einnahme 30 M.

Sonntag, d. 3. 1. 26 

Das Hochwasser geht nur langsam zurück, sonst nichts von Belang.

Sonntag, d. 10. 1. 26 

Das Hochwasser hat uns in der Reicherswiese großen Schaden getan. Ein Loch eingerissen 20 Schritte lang und 7 Schritte breit. Es ist unmöglich, dies zu zumachen. Hat auch eine schöne Portion Sand, Kies und andere Sachen rausgeworfen. Der Wollngarten war bis zur höchsten Stelle vollständig überschwemmt, hat aber auch etwas Schaden angerichtet, der ja leicht zu reparieren ist. Mühl-Louis hat das Wasser 300 Ztr. Grude fortgeschwemmt. Die Löfflersmauer ist demoliert. Den meisten Schaden wird Ahrens haben. Von seinem Garten hat es ein großes Stück mitgenommen. Auf der oberen Seite ist der Wehrtümpel vollständig verkiest. Auch Louis hat eine Portion davon bekommen. Habe mir die Woche 5 Zähne ziehen lassen. Über 14 Tage böses Zahnweh gehabt. Hoffentlich ist nun die Geschichte vorbei.

Sonntag, d. 21. 2. 26 

Neustädter Tanzschüler hatten heute ein Tänzchen, Einnahme 110 M. verhältnismäßig gegen die früheren Tänzchen wars gut zu nennen. Im Ort ist die Seuche (Maul- und Klauenseuche), infolge dessen nichts anzuspannen. War gestern zum Pferdekauf in Coburg aus diesem Grunde. Recht wenig Heu und ein Pferd?

Sonntag, d. 28. 2. 26 

Heute eine allgemeine Gedenkfeier für die im Krieg Gefallenen. War mit zur Kirche. Die Witterung regnerisch.

Sonntag, d. 6. 3. 26 

Der März brachte Veränderungen in der Witterung. Wie der Februar feucht und warm war, scheint der März in das Gegenteil umzuschlagen. Freitag, schon Donnerstag, tüchtige Kälte. Gestern den ganzen Tag kalt und mächtig Schnee. Heute desgl. Wir leben jetzt in der Zeit des Volksbegehrens betreffend Enteignung der Fürstenvermögen. Die Liste zum Einschreiben liegt bis zum 14ten des Monats auf. Nachbar Wolln Karl liegt im Krankenhaus in Neustadt und wurde operiert wegen 2 Brüche. Sein Befinden ist gut.

Sonntag, d. 21. 3. 26 

Heute Morgen waren die Fenster, auch die Stallfenster, gefroren. Ein ganz harter Nordost streicht durch die Lande. Am Donnerstag kaufte ich ein Pferd, eine 5jährige Stute, von Gundermann, Fürth. Am Tage vorher war ich in Coburg zum Pferdemarkt, konnte aber nichts schaffen. Will hoffen, das es einschlägt und ich zufrieden mit ihm sein kann.

Karfreitag, d. 2. 4. 26 

Ein Trauertag der Christenheit. Auch einer für uns persönlich, mindestens auf materiellem Gebiete. Als wir gestern Morgen aufstanden, lag unser Mutterschwein tot im Stalle, wahrscheinlich Schlag oder ein Rückschlag von der Geburt. Das Ferkeln hatte schon keine Art gehabt, die Hälfte der Jungen tot. Jetzt leben noch 3 davon. So geht es im Leben. Den Kauf mit dem Pferd hielt ich für einen Gewinn, weil es nicht so teuer war. Das geht jetzt aber dreimal wieder darauf und die Folgen werden uns noch lange anhängen. Denn die Schweinezucht ist beim Landwirt noch das Einzige, das rentiert, und ein Schwein wieder zu kaufen, dazu sind wir nicht in der Lage. Sonst schöne Witterung.

Himmelfahrt, d. 12. 5. 26 

Heute eine Tour mit Turnverein und Truckenbrodtsauto nach dem Kleinziegenfeldertal über Burgkunstadt, Weißmain, Weihersmühle, Kleinziegenfeld. Von da nach Kulmbach. Hier Mittag gemacht. Suppe, Schweinskotelett und Salat für 1,30 M. Die Blessenburg besucht. Von da direkt nach Kronach, auch hier die Festung besucht. Abends 9 Uhr zu Hause, früh 6 Uhr weg. Werden wohl 120 Kilometer gewesen sein. Witterung war verhältnismäßig günstig. Die Fahrt ist ruhig und friedlich verlaufen und wird jeden angesprochen haben.

Sonntag, d. 6. 5. 26 

Neblig, leichter Regen. Bezirksfest in Steinach, Kriegerverein macht mit Leiterwagen dorthin. Ohne mich, denn ich habe den Wald diese Woche zur Genüge gekostet. War mit Toni und Ilse per Rad im Schwarzatal und Rudolstadt. Die Tour ging über Igelshieb, Lichte, Wallendorf, Geierstal, Unterweißbach, Sitzendorf, Schwarzburg. ½9 Uhr waren wir schon in Schwarzburg, bestiegen aber den Trippstein nicht, weil die Berge im Nebel lagen. Aus diesem Grunde hielten wir uns in Schwarzburg auch nicht lange auf und machten nach Blankenburg langsam weiter. Allmählich klärte sich der Himmel auf und Blankenburg lag prächtig im Sonnenschein. Wir besahen die Stadt und machten im Ratskeller Frühstück, hielten uns 1½ Stunden dort auf und machten über Schwarza nach Rudolstadt, das wir gegen ½12 Uhr erreichten. Am Markt im Gasthof zum Adler kehrten wir ein, ließen die Räder dort und besichtigten das Schloß, die Heidecksburg. Wundervolle Aussicht auf Rudolstadt und das Saaletal. Schloß und Park interessant. Nach ungefähr 2stündigem Aufenthalt ging es über Schwarza, Wöhlsdorf nach Saalfeld, das wir gegen 3 Uhr erreichten. Hier fuhren durch die Stadt bis an die Saalebrücken, besuchten Frau Anschütz, dann später Herrn Anschütz in der Jostschen Pianofabrik und bestellten den Klavierstimmer. Von da ging es nach Garnsdorf zu den Feengrotten. Gegen ½6 Uhr ging es von hier heimwärts über Arnsgereuth, Hoheneiche, Reichmannsdorf, Schmiedefeld, alles zu Fuß, von hier nach Piesau mit dem Rad. Von Piesau nach Spechtsbrunn wieder Schieben eine Stunde lang. Endlich, nach großen Strapazen wurde Spechtsbrunn erreicht. ½9 Uhr, wo wir eigentlich übernachten wollten, ging es aber weiter, weil bei großem Gefälle ein wildes Tempo eingeschlagen wurde. Haselbach und Hasental erreicht, dann Eschental und Mariental und endlich Blechhammer. Hier einmal getrunken und weiter. In Oberlind noch mal eingekehrt, dann kurz vor 11 Uhr heim. Ergebnis: circa 105 Kilometer per Rad und 25 Kilometer steigen und schieben. Endresultat: Wir waren alle froh, daß wir aus den Bergen wieder heraus waren.

Sonntag, d. 20. 6. 26 

Wieder acht Tage vergangen und immer noch schlechte Witterung. Heute Abend hat der Musikverein Ball und dann ist Wahl zumVolksentscheid.

Montag, d. 21. 6. 26 

Heute wieder trübe Witterung. Ball war nicht viel los, die Gesamteinnahme 100 M, Musik kam so heraus.

Die Wahlbeteiligung war: 168 haben gewählt, 162 mit ja. Das Gesamtresultat ist mir noch nicht bekannt. - Nach den letzten Nachrichten wurden für den Volksentscheid rund 15 000 000 Stimmen abgegeben. Das bedeutet also, das Volksbegehren ist abgelehnt.

Sonntag, d. 11. 7. 26 

Mit dem Heu heim bringen wars vorigten Sonntag nichts. Verregnet. Heute ist auch noch welches drüben. Das war eine bitterböse Woche, wie wir sie jahrzehntelang nicht gehabt haben. Mächtiges Gewitter. Donnerstag lag ein Gewitter in unserer Ebene von früh 11 Uhr bis 4 Uhr Nachmittag, mit fürchterlichem Regen. Alle Seitentäler der Steinach führten mächtiges Hochwasser, Heu und alles mit sich führend. Das Getreide liegt wie gewalzt am Boden. Die Wolkenbrüche sind übertall niedergegangen. Menschenleben sind hier nicht zu beklagen, in anderen Gegenden aber doch. Über ganz Deutschland ist diese Sündflut hereingebrochen und hat ungeheueren Schaden angerichtet. War heute wieder lauter Regen.

Sonntag, d. 15. 8. 26 

Früh ½9 Uhr. Sonnenschein. Auch Sonnabend und Freitag war es schön. Die anderen Tage waren schlecht. Die Ernte machte nur in den 2 Tagen Fortschritte. Gestern wurde das letzte Korn, Samen, geschnitten und, wenn es klappt, wird es heute heim gebracht. Die Gerste ist gemäht, ist nicht zum besten, zu viel Klee dazwischen. Schuld: weil kein Ammoniak angewendet wurde. Auch bei Korn macht es sich sehr bemerkbar, wo nichts oder zu wenig, beim Kleinodsfeld zuviel, angewendet wurde. Müssen nächstes Jahr eine rationellere Kunstdünger-Methode anwenden. Am meisten bemerkbar machte es sich am Sand. Das wollen wir uns merken. Heute Neustädter Vogelschuß.

Sonntag, d. 17. 10. 26 

Die letzten Tage viel Regen. Die Runkel sind heim. Vergangenen Montag 1 Fuder Kraut nach Neustadt gefahren, 3,50 M erhalten. Hatten schnell verkauft. Marienstraße, erste Wegkreuzung. Gestern Abend bekamen wir die Nachricht, daß Onkel Gustav, Hüttensteinach, gestorben ist.

Sonntag, d. 24. 10. 26 

Onkel Gustav wurde Dienstag Vormittag 11 Uhr in Sonneberg eingeäschert. Pfarrer Kaufmann, Hüttensteinach, hielt die Gedächtnisrede und zeichnete in lebenswahren Strichen seine Naturanlagen, sein Schaffen und Wirken mit all seinen Freuden und leider auch vielen Enttäuschungen als Idealmensch. Am Sonntag früh, auf die Nachricht hin, machte ich mich auf den Weg nach Hüttensteinach. Leider konnte ich ihn nicht mehr sehen, kurz vor dem Haus begegnete ich schon dem Leichenwagen. Er war bei Besinnung bis zum Ende, ohne vom Ende etwas gewahr zu werden, so friedlich schlief er ein. Dem gegenüber hat er aber in seinen letzten reichlich 2 Jahren sehr viel körperliches Leid aushalten müssen. Etliche male zur Operation nach Jena, später auch nach Erlangen und Hilfe war auf die Dauer nicht zu erwarten, das wußte er wohl selber. Das mag ihm schwer angekommen sein, gerade ihm, der so sehr am Leben gehängt hat und noch so viel leisten wollte. Wie konnte er es auch im Alter schön haben. Er lebte mit seiner Familie in pekuniär guten Verhältnissen, für ihn war durch die Pension vollständig gesorgt.

Kirchweih 1926 

EinnahmeMAusgabeM
Sonnabend200für Bier 1442 Liter à 38 Pfg.548
Sonntag7001 Schwein von uns, gewogen 225 Pfd. Schlachtgewicht200
Montag39030 Pfd. und 10 Pfd. Rindfleisch von Fleischmann40
Dienstag 160 50 Pfd. Fleck und Gelüng à 50 Pfg.25
6 Gänse, à 10 M,60
von uns 5 Enten30
für Semmel34
für Liköre, Zigarren und Zigaretten160
für Darm, Gewürz u.s.w.20
für Bruch und Beleuchtung20
Einnahme1450Ausgabe1137
Überschuß: 343 M

Bei Kassenabschluß ergab sich aber nur ein Überschuß von 219,50 M, der sich, wenn auch alles genau genommen wird, nicht wesentlich erhöht. 60 M müssen für Eigenverbrauch gerechnet werden, dazu käme ein kleiner Überschuß von Fleisch und Wurst, dafür habe ich aber das Schwein 25 M billiger eingesetzt, auch keinen Verdienst berechnet. Mit dem Sonnabend konnten wir zu frieden sein. 16 Gänseviertel an die Neustädter verkauft und auch die Pfeffer. Am I. Kirmestag wurde herzlich wenig nach Gansviertel gefragt, auch nach Karpfen. Fleck waren es beinahe zuviel, hatten am III. Tag noch davon. Die Witterung hat sich noch so gemacht und gab am I.Tag viel Leute, aber trotzdem waren die Gläser noch nicht alle in Betrieb. Am II. zwar bei Tage recht wenig, im Saal desto mehr. Der Kriegerverein wird mehr Überschuß haben als ich. Bratwürste machten wir 350 Stück. 1 Dose Wiener Würste von Großmanns

Sonntag nach der Kirchweih 

Na, Gott sei Dank ist die Kirmes vorbei. Die Köpfe sind alle drauf geblieben, es ging ganz ohne Störung ab. Die Raudi waren mehr oben. Heute Nachmittag hat der Radlerbund bei uns Versammlung. Heute wird der neue Pfarrer, Lange, eingeführt.

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