Der Heubischer Viktor
Tagebuch des Landwirts, Metzgers und Schankwirts Viktor Walther aus Heubisch 
Einleitung

Die Jahre
1.März 1916
2.April 1916
3.Ostern 1916
4.Mai 1916
5.Juni 1916
6.Sommer 1916
7.Herbst 1916 / Das zweite Kriegsjahr
8.Weihnachten 1916
9.Winter 1917
10.Ostern 1917
11.Frühjahr 1917
12.Sommer 1917
13.Herbst 1917
14.Weihnachten 1917
15.Winter 1918
16.Frühjahr 1918
17.Sommer 1918
18.Herbst 1918
19.Weihnachten 1918
20.Winter 1919
21.Frühjahr 1919
22.Sommer 1919
23.Herbst 1919
24.Winter 1920
25.Frühjahr 1920
26.Sommer 1920
27.Herbst 1920
28.Winter 1921
29.Frühling 1921
30.Sommer 1921
31.Herbst 1921
32.Winter 1922
33.Sommer 1922
34.Herbst 1922
35.Winter 1923
36.Frühling 1923
37.Sommer 1923
38.Herbst 1923
39.Das Jahr 1924
40.Das Jahr 1925
41.Das Jahr 1926
42.Das Jahr 1927
43.Das Jahr 1928
44.Das Jahr 1929
45.Das Jahr 1930
46.Das Jahr 1931
47.Das Jahr 1932
48.Nachruf
Das Ende
Die Fortsetzung

Bilder
  Postkarte(120kByte)
  Tafel am Haus
  Torfstechen
  Urkunde
  Umgebungsplan

URL2Doc Diese Seite
für den PalmPilot

  
weiter...

Neujahr 1921 

Früh 1/2 10 Uhr. Warme, zu Regen neigende Witterung, Wasser etwas angeschwollen und trübe. Erinnerungen: Reminiszensen nachzuhängen ist stets undankbar, besonders aber dann, wenn sie einer Zeit gelten, die für uns keine allzuglückliche gewesen. Aber auch wieder gut sind solche Rückblicke, wenn wir durch sie lernen, von der Vergangenheit glücklichere Entschlüsse für Gegenwart und Zukunft abzuleiten. Was brachte uns das verflossene Jahr? Nichts, vorbei, es liegt hinter uns, Erinnerung! Abends an 4 Tischen Leute, an 3en gekartet.

Sonntag, d. 16. 1. 21 

Vergangenen Abend hielt der Radlerverein sein Essen ab. Wie vorigtes Jahr wurde im Verein wieder Hackbraten verlangt. 20 Mann ¾ Pfd., 20 mal für die Weiber ½ Pfd., zusammen als 25 Pfd. Der Preis wurde per Pfd. auf 20 Mark festgesetzt. Vorher 1 Suppe, dann den Braten mit Kartoffeln, Salat und Brot. Für die Frauen gab es später noch Tee und Kuchen. Zum Hackbraten hatte ich 11 Pfd. Schwein von uns, 10 Pfd Rind ohne Knochen und 6½ Pfd. mit Knochen von Ernst Fischer, Marienburg. Dieses Fleisch reichte ganz schön. Im Gegenteil, es blieb noch etwas davon übrig. Von diesem Fleisch gab es 4 Pfd. Abfall. Dazu kam wieder ¾ Pfd. Stärke und ¾ Pfd. Weizenmehl, 1½ Liter Milch und 3 Pfd. gequetschte Kartoffel.
Die Masse bearbeitete sich schön und briet sich auch schön. Die Jugend und auch der Verein tanzte im Saal bis ½12 Uhr. Im Saal wurde nicht ein Liter Bier getrunken. Also recht schlechte Aussichten, auch für einen Saal mit Parkett. Also lassen wir das Parkett sein und halten lieber nichts. Auch stellten sich noch Nachwehen ein: die Fortbildungsschüler und -schülerinnen wurden alle angezeigt, auch der Vorstand des Radlervereins mit Strafe belegt, weil er die Schüler geduldet hat.

Sonntag, d. 23. 1. 21 

Heute Morgen etwas kühl und windig, ab und zu ein Sonnenstrahl. Abends hat der Gesangverein Ketschenbach Theatervorstellung "Zum weißen Rößl". Edmund hat 70 Karten bis jetzt verkauft. Die Theateraufführung verlief programmgemäß. Die Ketschenbacher machten ihre Sache wirklich schön. Es wurde ihnen auch mit einem starken Besuche gelohnt. Die Einnahme belief sich auf 517 M. Der Saal war besetzt bis auf den letzten Platz. Der volle Gesangverein trug auch etliche Lieder vor. Unser Geschäft machte sich auch so la la.

80 Stück Siedewürstchen hatten wir, waren aber gleich vergriffen.

Sonntag, d. 13. Februar 21 

Etwas Kälte. Im Gartenfeld die Rasen am Rain abgestochen und hinter dem Stall auf einen Haufen gebaut. Die Witterung war ganz schön dabei. Von Christian die Woche endlich einen Brief erhalten, den ersten seit Juni vorigten Jahres. Er hat noch seine alte Adresse und Stellung.

Sonntag, d. 27. 2. 21 

Die ganze Woche über kalte Nächte, eben tüchtig Frost, und bei Tage nachmittags tüchtig warm. Saaten und Klee leiden darunter sehr. Vergangene Nacht weniger kalt und bei Tage auch dafür weniger warm. Der Gesangverein hatte heute seine Theateraufführung. Es war tüchtig besetzt.

Einnahme circa 500 M. Es wurde im großen ganzen gut gespielt. Unsere Einnahme betrug 500 M. Der Bierausschank betrug 1 Hltr. Nachmittag aber wenig Betrieb. Fleischwurst hatten wir 150 Stk. von Fischer, Marienburg, das Paar für 2,60 M, waren schön und gut. Verkauften sie mit Semmel für 2,50 M das Stück, wurden gerade gebraucht.

Sonntag, d. 6. 3. 21 

Früh 9 Uhr. Sonnenschein. Nachts tüchtig Frost. Am Freitag Gerstenmist am Neustädterwegfeld gefahren. Heute Abend hat der Gesangverein seine 2te Theateraufführung. Nachmittags hatte der Radlerverein Sitzung. An 4 Tischen wurde Skat geklopft. Der Saal war Abends wieder gur besetzt. Die Einnahme war wieder 400 M und drüber. Im großen ganzen wurde besser gespielt als vor acht Tagen, ausgenommen die Zwerge, die etwas dösten, und auch Köhlers Adolf machte etwas Schnitzer.

Bier wurden 3 Fäßchen verschänkt. Fleischwürste hatten wir wieder 175 Stk. von Bräutigam, 2,30 M das Paar, die auch wieder weg gingen, aber nicht ganz so schön waren, als wie vor acht Tagen. Die Bühne bleibt stehen bis Ostern, wo sie dann der Kriegerverein braucht.

Sonntag, d. 13. 3. 21 

Das Bild der vergangenen Woche war :
Nachts tüchtig Frost, bei Tage prächtiger Sonnenschein, so daß im Felde schon gearbeitet werden konnte. Am Neustädterwegfeld wurde Gerstenmist gefahren und untergepflügt. Das Gartenfeld geeggt, Kartoffelfeld Mist gefahren und ½ Tag geackert. An Christian einen Brief geschrieben.
Politisch:
Die Konferenz in London fiel für Deutschland recht ungünstig aus. Dieselbe wurde von den Alliierten unterbrochen und unsere Vertreter mußten unverrichteter Sache wieder heim. Auf dem Fuße folgte die Besetzung verschiedener Rheinstädte wie Duisburg, Ruhrort, Hamborn u.s.w. Auch wurde eine Zollgrenze am Rhein errichtet, die unseren Handel dort vollständig einschnürt. Die Krise ist nun da und das Leiden nimmt nun seinen Anfang. Die Folgen des Krieges werden wir nun erst spüren.

Sonntag, d. 19. März 1921 

Früh 9 Uhr, prächtiger Sonnenschein, doch etwas kühl. Gartenfeld fertig geackert und nun etliche Tage auf den Wiesen zugebracht mit Eggen und Rechen. Die Gemeinde und die Wiese oben. Mit Zusammenrechen noch nicht ganz fertig. Gestern war ich in Neundorf bei Bauer wegen den Bierverhältnissen. Bayern darf uns aber kein Bier liefern, es wird ihm sonst Malzlieferung entzogen. Ein paar Fäßchen will er künftige Woche mitsenden. Heute Abend Kriegerversammlung.

   weiter...